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App Clips und Instant Apps: Zugeschnittene Erlebnisse in Lichtgeschwindigkeit

Leo
Leo
UX/UI Designer

Apps sind der Standard, wenn es darum geht, gute digitale Produkte und Experiences auf dem Smartphone anzubieten. Durch ihre Download-Größen und den Zwang sie über den App Store zu installieren, besteht jedoch speziell in hektischen Momenten, wie z.B. unterwegs, wo es schnell gehen muss, eine große Einstiegshürde verglichen mit dem simplen Öffnen eines Website-Links.

Das haben auch Apple und Google erkannt und bieten für ihre Smartphone-Betriebssysteme Lösungen an, die dieses Problem auf sehr ähnliche Weise umgehen sollen – sie heißen „App Clips“ auf iOS und „Instant Apps“ auf Android und werden meist unter dem Begriff „Mini-Apps“ zusammengefasst. 

Trotz ihrer Ähnlichkeiten haben sie wichtige Unterschiede, die vor der Design- und Entwicklungsphase beachtet werden müssen. Diese wirst du durch das Lesen dieses Artikels kennenlernen und wirst danach in der Lage sein zu entscheiden, ob Mini-Apps in deinem Projekt hilfreich sein könnten.

Der Vorteil von nativen Apps bei komplexen Interaktionen

Beginnen wir zunächst einmal von vorne: Wieso sind Apps in vielen Fällen Webseiten oder Progressive Web Apps (PWAs) vorzuziehen?

Apps besitzen durch ihre native Programmierung häufig eine bessere Performance als Webseiten, speziell wenn es um Animationen oder komplexere Interaktionen, wie z.B. mit Karten geht. Screens müssen bei einer Navigation oder Interaktion nicht komplett neu abgerufen werden, da sie bereits auf dem Speicher des Geräts vorhanden sind. Da nur dynamische Inhalte neu geladen werden müssen, kommt es bei der Navigation durch die App zu keinen oder nur geringen Ladezeiten. Das ermöglicht Nutzer:innen, sich schneller und flüssiger durch die App zu bewegen, wodurch die User Experience verbessert wird. 

Mini-Apps beheben die größte Schwachstelle von Apps

Aus diesen Gründen wurden Apps in der Industrie häufig blind als der naheliegende Weg angenommen. Wenn man sich jedoch den Prozess ansieht, der vor der Nutzung nötig ist - speziell im Vergleich zu Webseiten - fällt schnell auf, dass Nutzer:innen sehr überzeugt sein müssen, bevor sie die App überhaupt installieren:

  1. Die App muss im App-Store aufgerufen werden.
  2. Gerade unterwegs muss man teilweise sehr viel (in Deutschland) kostbares Datenvolumen dafür opfern, die App herunterzuladen und zu installieren.
  3. Nach dem Download, ist der Setup-Prozess durch Berechtigungsabfragen, DSGVO-Zustimmungen und teilweise unumgänglichen Logins langwierig und nervig.

Häufig gibt es alternativ zur App noch andere Möglichkeiten ein Ziel zu erreichen, die bereits etabliert und teils auch schneller zu erreichen sind. So wäre beispielsweise eine Website schon geladen, wenn man gerade einmal die App-Store Seite geöffnet hat, woraufhin bis zur Benutzung der App noch zwei weitere Schritte nötig sind. Wenn man beispielsweise den Anwendungsfall eines Fahrkartenkaufs betrachtet, konkurrieren Apps mit dem etablierten Fahrkartenautomaten, der leicht zugänglich am Bahnsteig zu finden ist. App-Installationen sind dadurch einer der kritischsten Punkte in der Journey der Nutzer:innen.

An diesem Punkt setzen die Mini-Apps von Apple und Google an: Sie sind klein, so schnell geöffnet wie eine Website, bieten aber die UX einer nativen App, ohne dass dafür eine explizite Installation nötig ist. Durch die Limitation ihrer Downloadgröße auf 10-15 MB, müssen sie auf einen ganz spezifischen Anwendungsfall fokussiert sein und können nur die nötigsten Inhalte ihrer zugrundeliegenden App bereitstellen, wie zum Beispiel den Kauf einer Fahrkarte. Dabei solltest du jedoch beachten, dass keine Anmeldung erforderlich sein soll, um die Funktionen zu nutzen. Im folgenden Abschnitt erkläre ich dir die wichtigsten Eigenschaften und Unterschiede der Implementierungen auf den beiden Plattformen Android und iOS.

App Clips vs. Instant Apps: Die wichtigsten Unterschiede

Zunächst die Gemeinsamkeiten: Wie der Name „Mini-App“ bereits suggeriert, sind sie relativ ähnlich zu regulären Apps: Sie werden nativ für die entsprechenden Plattformen entwickelt und gemeinsam mit ihrer Haupt-App im App Store oder Play Store veröffentlicht. Sie haben aber die Besonderheit, dass sie nicht dort heruntergeladen werden müssen: Anders als auf Webseiten kann, wie bei regulären Apps, auf die meisten Systemschnittstellen zugegriffen werden. Außerdem wird auf beiden Plattformen gezielt gefördert, dass die zugrunde liegende vollumfängliche App leicht heruntergeladen werden kann und der Umstieg zu dieser nahtlos verläuft.

Aber auch wenn Sie sich auf den ersten Blick sehr ähnlich verhalten, haben Sie auch wichtige Unterschiede, die zu beachten sind, wenn man Mini-Apps entwickeln möchte: 

Instant Apps sind das ältere Format und nehmen das Thema Gaming stärker in den Fokus - sind jedoch nicht nur darauf beschränkt. Aufgerufen werden sie über QR-Codes, URLs oder Vorschläge in Google Suchergebnissen bzw. die Play Store Seite der Haupt-App über einen “Try now”-Button. Daran lässt sich auch der Anwendungsfall ablesen, für den Google die Instant Apps vorsieht. Sie haben das Ziel, wie eine Vorschau auf die vollständige App zu fungieren. Gemäß Googles UX-Guidelines kommen die in der Instant App verfügbaren Screens eins zu eins so in der App vor, inklusive App-Navigation. Interessiert sich der Nutzer für einen Inhalt, der nicht in der Instant App enthalten ist, soll auf den Download der vollständigen App verwiesen werden.

Apple verfolgt dagegen mit den App Clips einen etwas anderen Ansatz: Ihr Ziel ist es, ausgewählte Funktionalitäten möglichst schnell verfügbar zu machen. Der Fokus liegt dabei darauf, die beste Erfahrung für einen gegebenen Kontext zu bieten. Das bedeutet, dass die Bedienung und der Aufbau eines App Clips komplett auf den Anwendungskontext ausgelegt werden kann und sich anders als bei Instant Apps nicht zwangsweise an der Struktur der zugrunde liegenden App orientieren muss. Der konzeptionelle Fokus von App Clips auf spezifische Nutzungskontexte wird auch an den Möglichkeiten erkenntlich, wie sie gefunden und geöffnet werden können. Möglich ist dies unter anderem über QR-Codes und URLs, wie bei Instant-Apps, darüber hinaus aber auch über assoziierte Orte in Apple Maps oder ortsbezogene Siri Vorschläge. Da aber die reguläre App anstelle des App-Clips aufgerufen wird, wenn diese installiert ist, muss die Funktionalität des App Clips dennoch vollständig in der Haupt-App enthalten sein.

Neben ihrem Grundaufbau gibt es einen weiteren essentiellen Unterschied im Verhalten der beiden Varianten auf dem Smartphone. Instant Apps sind nach der Nutzung nicht mehr über den Home-Screen aufrufbar. Sie können sich zwar in der Übersicht geöffneter Apps befinden, doch das Verlassen einer Instant App ist eher vergleichbar mit dem Schließen eines Tabs. Es kann nicht garantiert werden, dass die Instant App im gleichen Zustand wieder geöffnet werden kann, in dem man sie verlassen hat. App Clips hingegen sind bis zu 30 Tage nach der letzten Nutzung in der iOS „App-Gallery“ wie eine reguläre App aufrufbar, woraufhin sie automatisch gelöscht werden, sofern das zuvor nicht schon manuell getan wurde. Daraus leitet sich ab, dass Instant Apps nicht unbedingt dafür eingesetzt werden sollten, Inhalte über mehrere Nutzungen hinweg möglich zu machen, sondern alle Aufgaben innerhalb einer Nutzung abzuschließen und die Ergebnisse anderweitig zugänglich zu machen. Wenn Käufe getätigt werden, sollten diese über das Google Wallet gespeichert und abrufbar gemacht werden. Für die dauerhafte Speicherung von Käufen, Benutzereingaben oder Einstellungen sollte immer jeweils auf die Installation der Haupt-App verwiesen werden.

Was heißt das für die Zukunft von Apps?

Während Mini Apps viele Nachteile von Apps lösen, können und werden sie reguläre Apps nicht ersetzen. Zunächst ist das in ihrer technischen Natur begründet, da sie nicht ohne eine Haupt-App veröffentlicht werden können. Darüber hinaus haben sie durch ihre Einschränkungen in Größe und und ihrer begrenzten Lebensdauer nicht die nötigen Voraussetzungen, um viele der etablierten Interaktionen zu beherbergen. Sie sollten stattdessen als Demo und ideale Werbefläche für die volle App gesehen werden. Durch den schnellen Einstieg kommen Nutzer:innen ohne große Reibung in die Nutzung ausgewählter Funktionen. Am Ende steht aber dennoch das Ziel, die Haupt-App herunterzuladen.

Zentrale Punkte:

Mini Apps senken die Einstiegshürde in die Nutzung eines Services auf das Niveau eines Website-Aufrufs. Durch clevere, kontextuell sinnvolle Zugangspunkte wird der Einstieg einfach und natürlich. Die anschließend gebotene User Experience gleicht dabei dem aktuell ungeschlagenen Standard einer nativen App, ist aber komplett auf die Erreichung eines konkreten Ziels fokussiert.

Nachdem die größte Einstiegshürde - der Beginn der Nutzung - überwunden ist und auch von der Nützlichkeit und Qualität des Service überzeugt wurde, ist der nächste Schritt, die vollumfängliche App herunterzuladen, schnell durchgeführt. Unterstützt wird dies auf beiden Plattformen durch konkrete Aufrufe, die App im Store herunterzuladen, die an verschiedenen Stellen der Mini-Apps platziert werden können.

In der Konzeptionsphase sind die Unterschiede zwischen den Formaten auf Android und iOS zwingend mitzubedenken, da durch diese Unterschiede in den Umsetzungen erforderlich werden können.

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Autor:in

Leo ist ein UI/UX Designer bei COBE, der es liebt, sich in komplexe Themen einzuarbeiten und diese in leicht verständliche Konzepte umzuwandeln. In seiner Freizeit bastelt er an verschiedenen Apps zum selber hosten oder ist mit Freunden und seiner Familie unterwegs.

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